Rückrufe in Benelux Staaten

An dieser Stelle informieren wir über die aktuellen Produktrückrufe und Verbraucherwarnungen in den Beneluxländern, die aus Belgien, den Niederlanden und Luxemburg bestehen.

Für Grenzpendler oder Urlauber wichtige Informationen. Die jeweiligen Links führen auf die Originalmeldung in Landessprache, dennoch kann anhand der Daten ein Produkt identifiziert werden.

Die Meldungen erhalten Verbraucher auf den jeweiligen Seiten der Landesbehörden oder Informationsdienste

Belgien >  Niederlande >  Luxemburg >

 

 

 

 

 




RASFF Lebensmittelwarnungen

Hier finden sich die aktuellen Meldungen des europäischen Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF), die einen Bezug zu Deutschland haben

Über die nationalen Koordinationsstellen (in Deutschland das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) werden Warnungen vor auffälligen Lebensmitteln sowie behördlich angeordnete Produktrückrufe von Lebensmitteln und Futtermitteln/Mischfutter dokumentiert und an die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union weitergeleitet. Über die dortigen Koordinationsstellen findet gegebenenfalls eine Information der Öffentlichkeit statt. (wikipedia.de)

zum RASFF Portal > 

Aktuelle Meldungen mit Bezug auf Deutschland


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Listerienbelastete Wurst: foodwatch kritisiert katastrophale Informationspolitik von Landkreis und Wurstproduzent Wilke

Verbraucherorganisation fordert Information über Verkaufsstellen und Produktliste – Warnungen von Unternehmen und Landkreis nicht ausreichend – Landkreis war 2018 im Bereich der Lebensmittelkontrollen massiv unterbesetzt

Berlin, 4. Oktober 2019. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat dem Landkreis Waldeck-Frankenberg und dem Wurstproduzenten Wilke schwere Versäumnisse bei der Informationspolitik im Zusammenhang mit dem Rückruf potenziell keimbelasteter Wurst vorgeworfen. Es sei inakzeptabel, dass noch immer keinerlei Angaben zu den Verkaufsstellen der zurückgerufenen Produkte gemacht wurden. Auch gebe es bislang keine Liste der betroffenen Produkte.

Den offiziellen Rückrufangaben zufolge wurden Wilke-Produkte beispielsweise auch als lose Ware in Wursttheken verkauft. Zudem produzierte Wilke offenbar auch für Handelsmarken. So bestätigte das Personal in einem Berliner Metro-Markt gegenüber foodwatch, dass Wilke auch der Hersteller einiger Produkte sei, die der Großhändler unter seiner Eigenmarke Aro vertreibt. Unklar ist, ob auch andere, von Wilke selbst vertriebene Marken betroffen sind. Aus Sicht von foodwatch reicht es daher nicht aus, ausschließlich Wilke als Hersteller der zurückgerufenen Produkte sowie das Identitätskennzeichen zu benennen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten die Herkunft der Produkte nicht sicher nachvollziehen, kritisierte foodwatch.

„Die Behörden müssen alles dafür tun, um die Menschen rechtzeitig vor dem Verzehr potenziell gefährlicher Lebensmittel zu warnen – genau das haben der Landkreis und das Unternehmen versäumt. Die Menschen werden im Stich gelassen. Auch wenn es um Salami geht, eine Salami-Taktik bei der öffentlichen Information ist hier völlig fehl am Platz“, kritisierte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. „Alle bekannten Verkaufsstellen und die Namen der betroffenen Produkte auch von Handelsmarken müssen unverzüglich öffentlich genannt werden.“ foodwatch rief die Handelsunternehmen dazu auf, bekannt zu geben, ob sie Wilke-Produkte unter eigenen Marken verkauft haben. Der zuständige Landkreis müsse zudem transparent machen, ob und wann die Verkaufs- und Ausgabestellen von Wilke-Produkten direkt kontaktiert worden sind.

foodwatch kritisierte darüber hinaus weitere Versäumnisse in der Information über den Rückruf:

– Auf der Internetseite von Wilke konnten wir bislang keinerlei Information über den Rückruf und die Verzehrwarnung finden.
– Die offizielle Rückrufinformation wurde erst deutlich nach der Betriebsschließung auf dem offiziellen Behördenportal lebensmittelwarnung.de verbreitet worden – dadurch ging unnötig Zeit verloren, in der Menschen bereits vor dem Verzehr hätten gewarnt werden können.

– Auf seiner facebook-Seite informierte der Landkreis zwar darüber, dass am Donnerstag „Tag der deutschen Einheit war“ – eine Verzehrwarnung und Rückrufinformation zu den Wilke-Produkten konnte foodwatch dort jedoch bis Freitagvormittag nicht finden.
– Der Landkreis hatte auf der Startseite seines Internetauftritts zunächst nur den Hinweis darauf publiziert, dass die „Produktion der Firma Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren stillgelegt“ wurde – eine Warnung der Verbraucherinnen und Verbraucher ist dem kurzen Text auf der Homepage nicht zu entnehmen.

– Erst die darunter verlinkte Presseerklärung weist auf einer Unterseite auf eine potenzielle Gefährdung hin – es werde „empfohlen, ggf. noch im Haushalt vorhandene Produkte der Firma Wilke nicht zu verzehren, sondern vorsorglich zu entsorgen“. Aus Sicht von foodwatch wäre hier eine deutliche Warnung statt einer weichen Empfehlung angebracht gewesen – zudem sollten Betroffene keinesfalls dem Aufruf folgen, mögliche Beweismittel zu entsorgen.

Der Landkreis und das hessische Umweltministerium müssten laut foodwatch umgehend über die Abläufe vor der Betriebsschließung aufklären. Wer hatte zu welchem Zeitpunkt welche Information? Wann wurden an welcher Stelle Proben genommen und Listerien nachgewiesen? Wie wurde darauf reagiert? An beide Stellen hat foodwatch bereits am Freitag erste Fragen geschickt und erwartet hieraufbis spätestens Montag Antwort.

In einem Interview mit der Hessenschau des HR-Fernsehens am 2. Oktober 2019 erweckte der zuständige Dezernent des Landkreises Friedrich Schäfer den Eindruck, als liege das größte Problem in der Schließung eines Unternehmens, in dem „Freunde und Bekannte arbeiten“ und nicht in den schweren gesundheitlichen Folgen, mit dem der Verzehr von Wilke-Produkten in Verbindung gebracht werden. Aus Sicht von foodwatch sind die Aussagen Schäfers – der im Landkreis „Dezernent für Verbraucherschutz und Direktvermarktung“ ist – mustergültiges Argument dafür, die Lebensmittelüberwachung nicht mehr auf kommunaler Ebene zu organisieren. Geschäftsführer Martin Rücker: „Es kann nicht gut sein, wenn ein und dieselbe Behörde für Lebensmittelkontrollen und für die lokale Wirtschaftsförderung zuständig ist – diesen Interessenkonflikt müssen wir auflösen, indem die Bundesländer die Kontrolltätigkeit an sich ziehen und auf Landesebene organisieren.“

foodwatch bemängelte, dass dem Verbraucherschutz im Landkreis Waldeck-Frankenberg in der Vergangenheit kein großer Stellenwert beigemessen wurde. Das Veterinäramt ist nach Auffassung der Verbraucherorganisation eklatant unterbesetzt. Im Jahr 2018 kamen nach Angaben des Landkreises gegenüber foodwatch gerade einmal 3,15 Stellen für Lebensmittelkontrolleure auf annähernd 3.000 zu kontrollierende Betriebe. Bei den Betriebskontrollen verstieß der Landkreis massiv gegen die Vorgaben: 2018 führte er nur etwa die Hälfte der vorgeschriebenen planmäßigen Betriebskontrollen durch. „Das ist politisches Versagen – ob dies auch im Fall Wilke eine Rolle gespielt hat, wird zu prüfen sein“, so foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.

Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de




Appell an den Handel: Lebensmittelwarnungen müssen die Kunden besser erreichen

Hamburg/Berlin/Greven/Gerstetten, 11. Februar 2019 – Verbraucherschützer appellieren an den Handel, konsequenter und einheitlicher über Lebensmittelwarnungen zu informieren. Bislang sind viele Menschen nicht darüber informiert, wenn beispielsweise Lebensmittel mit Salmonellen verunreinigt oder Fremdkörper enthalten sind – was erhebliche gesundheitliche Folgen haben kann.

Eine Umfrage ergab: Bei einem Großteil der 35 befragten Handelsunternehmen haben Warnungen zum Schutz ihrer Kunden offenbar keine Priorität. Die stichprobenartige Umfrage an Unternehmen wie Supermärkte oder Discounter zeigt, dass es große Lücken in der Informationspolitik gibt.

Die fünf wichtigsten Punkte:

Das große Schweigen: 66 Prozent des Handels antworteten gar nicht auf die Nachfragen der Verbraucherschützer.

Wenig Einheitlichkeit: Jeder Anbieter warnt anders. Ein erheblicher Anteil der befragten Unternehmen lässt sich nicht in die Karten blicken und verweist nur auf die rechtlichen Mindeststandards. Aus Sicht der Verbraucherschützer sollte die Kommunikation über alle Händler hinweg vereinheitlicht werden, zum Beispiel durch ein gleiches Layout und gleiche Platzierung der Warnmeldung immer am Eingang, am Regal und an der Kasse, um nur die wichtigsten zu nennen. Für einheitliche gesetzliche Regelungen sprachen sich dm, Lidl und die Bünting-Gruppe (z.B. Famila) aus. Kein Unternehmen nutzt alle verfügbaren Kanäle.

Gerade soziale Medien oder E-Mail-Newsletter dienen meist nur der Marketing Kommunikation, aber nicht zur Information über gefährliche Produkte und Rückrufaktionen.

Gute Beispiele: Unscheinbare und kaum wahrnehmbare Plakate bei Lebensmittelwarnungen sind nicht kundenfreundlich. Vielversprechende Ansätze gibt es bei Aldi oder Lidl, so können sich Kunden nach deren Angaben über eine App informieren. Onlinekunden werden bei dm per Newsletter auf den neuesten Stand gesetzt. Ein Kommunikationsmix ist am wirkungsvollsten, um alle Zielgruppen zu erreichen.

Unterscheidung von Eigen- und Fremdmarken: Verbraucher wollen sicher gehen, dass sie gleichermaßen lückenlos und zeitnah informiert werden. Zuweilen zeigte die Befragung, dass bei den Eigenmarken besser informiert wird, die Unterscheidung ist aus Verbrauchersicht jedoch nicht sinnvoll. Dass es auch anders geht, zeigen die Händler Norma oder Aldi, die keine Trennung zwischen Eigen- und Fremdmarken machen. 

Bereitschaft zur Kommunikation: Ein Lichtblick ist die Bereitschaft beispielsweise von dm oder Lidl, sich mit Verbraucherschützern auszutauschen.

Jede Woche werden in Deutschland im Schnitt zwei Lebensmittel zurückgerufen. In schwerwiegenden Fällen kann es zu Verletzungen oder Erkrankungen kommen, in einigen Fällen besteht Lebensgefahr. Handelsunternehmen müssten die konsequente und kontinuierliche Veröffentlichung von Produktwarnungen als ihre Verantwortung und nicht als „notwendiges Übel“ sehen.

 

Silke Schwartau, Verbraucherzentrale Hamburg
„Der Handel sollte nicht mit der Gesundheit seiner Kunden spielen und den Verbraucherschutz ernster nehmen. Proaktiv sein heißt auch „aus allen Rohren zu feuern“, z.B. mit Plakaten, im Internet, auf Angebotsflyern oder über Apps.“

Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch:
„Lebensmittelgeschäfte spielen eine zentrale Rolle bei Lebensmittelwarnungen. Mit ihrer mangelhaften Informationspolitik machen sich Handelsunternehmen mitschuldig an vermeidbaren, teils schweren Erkrankungen. Ministerin Julia Klöckner muss dem Handel vorschreiben, Lebensmittelwarnungen immer und auf allen Kanälen zu verbreiten: im Laden, per Newsletter und auf Facebook, bei Fremdmarken genauso wie bei Eigenprodukten.“

Oliver Barthel, Produktwarnung:
„Aktiver Verbraucherschutz sollte einen hohen und glaubwürdigen Stellenwert in den Handelsunternehmen einnehmen. Jetzt ist dringendes Handeln im Handel angesagt!“

Gert Kretschmann, Produktrückrufe.de:
„Zu oft ist leider erkennbar, dass es sich bei Versprechen wie ‚Transparenz’ und ‚Verantwortung’ doch nur um leere Phrasen handelt. Oder wie soll man es sonst verstehen, wenn vor Produkten, die ja nun einmal gesundheits- bis lebensgefährlich sein können, nur äußerst oberflächlich ‚gewarnt ’ wird? Es besteht Handlungsbedarf: JETZT!“

Pressemitteilung als PDF >

Weitere Daten, Grafiken und Zahlen erhalten sie bei der Verbraucherzentrale Hamburg >

Weitere Informationen

Verbraucherschützer fordern Meldungen zu Produktrückrufen

Verbraucherschützer appellieren an Medien, Produktrückrufe konsequenter zu veröffentlichen. Bislang würden viele Menschen nicht ausreichend darüber informiert, wenn beispielsweise Lebensmittel mit Salmonellen verunreinigt sind oder Fremdkörper enthalten – was erhebliche gesundheitliche Folgen haben könne

 

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Lebensmittelwarnung.de – für Verbraucher ein Flop!

Inmitten des aktuellen Rückrufes von Eiern aufgrund einer Kontamination mit Salmonellen, ist das Portal des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und der Länder fast 12 Stunden nicht nutzbar gewesen. Wartungsarbeiten – allerdings ist dies der gänzlich falsche Zeitpunkt, um derlei Maßnahmen durchzuführen.

Abbildung: Screenshot lebensmittelwarnung.de / cleankids

Abbildung: Screenshot lebensmittelwarnung.de / cleankids

So kam es dazu, dass Medien am gestrigen Abend zwar lobenswerter Weise die Warnung verkündeten, aber in vielerlei Hinsicht unvollständig. Für Verbraucher ein Risiko, vor allem, wenn dann ausschließlich auf das BVL-Angebot hingewiesen wird.

Ob es nun tatsächlich Wartungsarbeiten waren, oder einfach nur eine vorgeschaltete Meldung, weil der Server zusammengebrochen ist, ist bei diesem ganzen Chaos kaum von Bedeutung.

Wirklich schlimm ist die Verbreitung von unvollständigen Meldungen, wodurch Verbraucher unnötigen Risiken ausgesetzt werden. Schon deshalb ist es wichtig, dass Medien selbstständig recherchieren und endlich aufhören, bei Lebensmittelwarnungen diesen völlig unsinnigen und gefährlichen Hinweis auf Bundesländer zu verbreiten.

Über das Portal lebensmittelwarnung.de werden so gut wie keine Behördenmeldungen publiziert. Weit über 90% der dort veröffentlichten Meldungen sind Presse- oder Verbraucherinformationen der Hersteller. Endverbraucher sind also quasi darauf angewiesen, dass betroffene Produkte der jeweils zuständigen Landesbehörde gemeldet werden und von diesen dann auch zeitnah auf lebensmittelwarnung.de veröffentlicht werden.

Verbraucherschutz Glückssache?

Verbraucherschutz kann und darf keine „manchmal“ Angelegenheit sein! Alle Konsumenten und Konsumentinnen müssen sich auf die Arbeit der zuständigen Stellen verlassen können. Verbraucherschutz ist auch Gesundheitsschutz – wird hier geschlampt können lebensbedrohliche Erkrankungen die Folge sein. Die jüngsten Ereignisse um den sog. Listerienskandal ind Bayern zeigen dies ganz deutlich auf.

Schon zum Start im jahr 2011 hatte die Linken-Abgeordnete Karin Binder den Mehrwert der Internetseite bei „nahe Null“ gesehen und zweifelte schon damals daran, dass Lebensmittelwarnungen tatsächlich beim Endverbraucher ankommen.

Allein das Portal lebensmittelwarnung.de des BVL verschlingt jedes Jahr zig-Tausende Euro – stellt sich die Frage, ob dieses Geld nicht anderweitig sinnvoller angelegt wäre…

 

Übrigens: Unsere App’s zu Produktrückrufen und Verbraucherwarnungen warnen schnell und sind als kostenloser Download verfügbar unter:  http://produktwarnung.eu/produktwarnung-app




foodwatch: Niedersächsische Behörden und Hersteller verschleierten Gesundheitsrisiken bei Lebensmittelrückruf

Fleischhersteller rief keimbelastete Hähnchensnacks zurück, ohne vor Gesundheitsrisiken zu warnen – Niedersächsische Behörden duldeten lückenhafte Information der Öffentlichkeit  – foodwatch sucht Verbraucher, die nach Verzehr der betroffenen Snacks von Böklunder, Gutfried & Co. gesundheitliche Probleme hatten 

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat niedersächsischen Behörden schwere Fehler bei der Informationspolitik zu einem Lebensmittelrückruf vorgeworfen. Warnungen vor möglichen Gesundheitsrisiken von potenziell keimbelasteten Hähnchensnacks seien unterschlagen worden. Gegen die Leiterin des zuständigen Veterinäramts der Stadt Delmenhorst reichte foodwatch jetzt eine Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde ein. Durch die Versäumnisse der Behörde sei „fahrlässig die Möglichkeit schwerwiegender Erkrankungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kauf genommen“ worden, heißt es in dem an den Oberbürgermeister Delmenhorsts, Axel Jahnz sowie an Niedersachsens Verbraucherschutzministerin Barbara Otte-Kinast gerichteten Beschwerdetext.

Der Fleisch- und Wursthersteller Zur Mühlen hatte am 29.12.2017 mehrere Hähnchenfleischprodukte zurückgerufen. Grund: die mögliche Belastung mit Listerien – eine Bakterienart, die insbesondere bei Schwangeren, Säuglingen sowie immungeschwächten Menschen eine seltene, oft schwer verlaufende Infektionskrankheit (Listeriose) auslösen und in Einzelfällen den Tod zur Folge haben kann. Der Hersteller ging in seiner Pressemitteilung jedoch weder auf mögliche Krankheitssymptome noch auf die Gesundheitsrisiken ein, sondern bat die Menschen lediglich, die Produkte nicht zu verzehren. Das Veterinäramt der Stadt Delmenhorst als zuständige Kontrollbehörde verzichtete darauf, eine vollständige Information der Verbraucherinnen und Verbraucher durch das Unternehmen anzuordnen. Folglich wurden auch in Medienberichten keine gesundheitlichen Risiken benannt.

„Per Gesetz sind Unternehmen dazu verpflichtet, im Falle eines Rückrufs genau und effektiv zu informieren. Das Unternehmen hat seine Pflicht entgegen der guten fachlichen Praxis sträflich vernachlässigt, weil die Kontrollbehörde es zuließ und nicht mit einer Anordnung nachhalf. Ein Rückruf aufgrund von gefährlichen Keimen, ohne dass die Menschen auch nur ein einziges Wort über die Gesundheitsrisiken erfahren – das ist verantwortungslos“, sagte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. „Es macht einen Riesen-Unterschied, ob ein Rückruf mit einer deutlichen Gesundheitswarnung verbunden ist oder nicht. Wenn eine Behörde eine so lückenhafte Information einfach durchwinkt, setzt sie die Gesundheit von Menschen aufs Spiel.“ foodwatch forderte Ministerin Barbara Otte-Kinast auf sicherzustellen, dass bei Lebensmittelrückrufen „eine angemessen Information der Verbraucherinnen und Verbraucher auch über gesundheitliche Risiken“ ergehe. Notfalls müssten die Behörden dies anordnen.

Zumindest auf der staatlichen Internetseite lebensmittelwarnung.de – die bei Verbraucherinnen und Verbrauchern allerdings kaum bekannt ist und deshalb für die Verbreitung einer Rückrufinformation bisher eine eher untergeordnete Bedeutung hat – wollte das Veterinäramt der Stadt Delmenhorst dann doch noch einen Hinweis auf die Gesundheitsrisiken veröffentlichen. Doch auch dazu kam es nicht. Denn zuständig für die Einstellung der Informationen auf dem Portal ist nicht Delmenhorst, sondern das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) – und dieses versäumte nach eigenen Angaben gegenüber foodwatch die Einstellung dieses Hinweises.

foodwatch: Betroffene können sich bei Verbraucherorganisation melden

Betroffen von dem Rückruf waren verzehrfertige Chicken-Wings, Hähnchensteaks, und Hähnchenbrustfiletstücke der Marken Güldenhof, Böklunder, Gutfried, Penny to go, Redlefsen und Snacktime, die in großen Supermarktketten verkauft wurden. foodwatch rief Verbraucherinnen und Verbraucher, die die belasteten Produkte verzehrt haben und sich danach ärztlich behandeln lassen mussten, auf, sich bei der Verbraucherorganisation zu melden (per E-Mail an info@foodwatch.de).

In Deutschland werden jede Woche im Schnitt etwa drei Lebensmittel zurückgerufen. Im Jahr 2017 warnten die Behörden in Deutschland auf dem staatlichen Internetportal www.lebensmittelwarnung.de 161 Mal vor Lebensmitteln – rund zehn Prozent häufiger als im Jahr 2016. Vor fünf Jahren war die Zahl der Meldungen lediglich halb so hoch. Der aktuelle Fall um die Hähnchenfleischprodukte ist laut foodwatch keine Ausnahme. Gesundheitliche Risiken von Lebensmitteln, die zum Beispiel mit Bakterien belastet sind oder Fremdkörper enthalten, würden von Herstellern und Behörden immer wieder verharmlost, so das Ergebnis eines Reports, den die Verbraucherorganisation im vergangenen Jahr veröffentlichte.

Link und Verbraucherhinweis:

E-Mail-Aktion von foodwatch zu Lebensmittelrückrufen: www.warn-mich.foodwatch.de

zum betroffenen Rückruf >

Von dem Rückruf betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher können foodwatch unter info@foodwatch.de kontaktieren

 

Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de

Bild: pixabay.com / CC0

 


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Lebensmittelrückrufe – Verbraucher werden nicht ausreichend informiert

Jede Woche drei Lebensmittelrückrufe – Zahl der Produktwarnungen 2017 weiter gestiegen – Verbraucher werden nicht ausreichend informiert

Die Zahl der öffentlichen Lebensmittelwarnungen ist weiter gestiegen. Im Jahr 2017 warnten die Behörden in Deutschland auf dem staatlichen Internetportal lebensmittelwarnung.de 161 Mal vor Lebensmitteln – das ist noch einmal rund zehn Prozent häufiger als im Jahr 2016 (147 Einträge auf lebensmittelwarnung.de). Vor fünf Jahren war die Zahl der Meldungen gerade einmal halb so hoch (2012: 83 Einträge), wie eine Auswertung aller Meldungen auf lebensmittelwarnung.de durch foodwatch ergab. Allerdings veröffentlichen die Behörden nicht alle Produktrückrufe auf dem Portal. Die Verbraucherorganisation kritisierte, dass die meisten Produktrückrufe die Menschen nicht erreichten. Verbraucherinnen und Verbraucher würden nach wie vor nicht umfassend und schnell genug vor gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln gewarnt, weil die Behörden Rückrufe oft nur verspätet online stellen. Ein bereits 2011 zwischen Bund und Ländern fest vereinbarter E-Mail-Newsletterservice über Produktwarnungen ist bis heute nicht eingerichtet. Auch Supermärkte informierten ihre Kunden häufig unzureichend, kritisierte foodwatch.

„In Deutschland werden jede Woche im Schnitt etwa drei Lebensmittel zurückgerufen – doch die Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren häufig nichts davon“, sagte Lena Blanken von foodwatch. Neben einer Verbesserung des Portals lebensmittelwarnung.de sieht die Verbraucherorganisation vor allem den Handel in der Pflicht. Supermärkte sind bisher nicht dazu verpflichtet, die Kunden schnell und umfassend an zentraler Stelle über alle Rückrufaktionen aus ihrem Sortiment zu informieren. Dies müsse sich dringend ändern, so foodwatch: „Die Supermärkte haben direkten Kontakt zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern, informieren aber viel zu oft entweder gar nicht oder nur unzureichend über Rückrufe. Rewe, Aldi, Edeka und Co. müssen per Aushang in den Filialen, über Newsletter, Pressemitteilung und auch über die sozialen Medien die Kundinnen und Kunden vor gesundheitsgefährdenden Produkten warnen.“ Über eine E-Mail-Protestaktion unter www.warn-mich.foodwatch.de können Verbraucherinnen und Verbraucher diese Forderung an die Handelsketten unterstützen.

Bund und Länder hatten die Internetseite lebensmittelwarnung.de im Jahr 2011 gestartet, um Rückrufe auf einer zentralen Plattform zu verbreiten. foodwatch hat alle Meldungen des Portals der vergangenen Jahre ausgewertet. 2017 stellten die Behörden 161 Rückrufe online – aus den unterschiedlichsten Gründen, von Glasscherben im Brot bis Salmonellen im Ei. Damit gab es, seit das Portal Ende 2011 online ging, nahezu konstant einen Anstieg der gemeldeten Rückrufe: 2012 waren es 83 Meldungen, 2013: 75, 2014: 107, 2015: 100, 2016: 147. Als zentrale Informationsplattform für Verbraucherinnen und Verbraucher ist lebensmittelwarnung.de aus Sicht von foodwatch aber gescheitert. Das Portal sei unübersichtlich und liefere Rückrufhinweise nur lückenhaft und oft verzögert: Jede zweite Warnung erscheint deutlich verspätet, wie ein Test von foodwatch in 2017 zeigte. Ohnehin finden sich auf der Seite in der Regel nur Meldungen, die auch die betroffenen Unternehmen schon veröffentlicht haben. Eine Einschätzung, warum es zu mehr Rückrufen kam, sei jedoch schwierig, so foodwatch-Expertin Lena Blanken: „Ob es zu mehr Vorfällen kam oder ob die Unternehmen mittlerweile einfach eher einen Rückruf starten, lässt sich aus den Zahlen nicht ablesen. Fakt ist: Wenn es zu einem Rückruf kommt, wird nicht alles dafür getan, die betroffenen Menschen zu warnen.“ 

Das deutsche und europäische Lebensmittelrecht lässt bisher viele Spielräume, wann ein Rückruf erforderlich ist. Ob und in welcher Form vor unsicheren Lebensmitteln gewarnt wird, hängt in erster Linie vom Willen und der Kompetenz der Unternehmen ab. Denn sowohl die Beurteilung des gesundheitlichen Risikos als auch die öffentliche Warnung ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen – die hier vor dem Interessenkonflikt zwischen einem Rückruf und möglichen negativen Folgen für das Unternehmen stehen. Den Behörden fehlt oftmals die Rechtssicherheit. foodwatch hatte im vergangenen Jahr in dem Report „Um Rückruf wird gebeten“ die Schwachstellen des Systems der Lebensmittelrückrufe aufgezeigt: Wichtige Lebensmittelwarnungen kommen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern oft nicht an. In etlichen Fällen entscheiden sich Unternehmen und Behörden zu spät, manchmal auch gar nicht für eine erforderliche Rückrufaktion und die Information der Öffentlichkeit. Zudem werden dabei die gesundheitlichen Risiken der Lebensmittel, die zum Beispiel mit Bakterien belastet sind oder Fremdkörper enthalten, immer wieder verharmlost. 

E-Mail-Petition an Handelsunternehmen >


Quellen und weiterführende Informationen: 
foodwatch-Report „Um Rückruf wird gebeten“: tinyurl.com/rueckrufereport 

 

Verbraucherschutz der schnellen Art

Produktrückrufe als App für Android und iOS 

Wir bieten über unser Portal produktwarnung.eu weitere kostenlose (es entstehen möglicherweise Kosten für die Datenübertragung) Informationsmöglichkeiten zu Produktrückrufen und Verbraucherwarnungen für Endverbraucher. produktwarnung.eu ist das wohl schnellste und umfangreichste Informationssystem in Sachen Produktrückrufe und Verbraucherwarnungen, welches derzeit im deutschsprachigen Internet angeboten wird. 

Inzwischen erhalten mehr als 50.000 Endverbraucher via App zeitnahe Warnungen auf Smartphone oder andere mobile Endgeräte und sind somit immer und aktuell auf dem Laufenden! 

Neue Meldungen werden per „Push“ Benachrichtigung angezeigt, wahlweise auch mit Signalton. Meldungen bei Bedarf über die „Teilen“ Funktion an Freunde und Bekannte weitergemeldet werden

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Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0




TV-Tipp: Frontal 21 – Wirkungslose Lebensmittelrückrufe – Gefahr im Essen

Mehrfach in der Woche kommt es zu Rückrufen von Lebensmitteln. Doch Behörden brauchen zu viel Zeit, um Verbraucher vor verunreinigten Produkten zu warnen, beklagen Verbraucherschützer. Außerdem kritisieren sie, dass die Warnungen oftmals zu ungenau ausfallen.

Dadurch werde möglicherweise die Dringlichkeit einer Gefahr, die durch Fremdkörper oder Bakterien wie Salmonellen und Listerien bestehen könnte, nicht deutlich genug. Problematisch sei auch, dass die Unternehmen oft eigenständig kontrollieren und bei Verdachtsmomenten selbst entscheiden können, wann sie die Behörden informieren. Daher fordern sowohl Verbraucherschützer als auch Politiker zusätzliches Personal und mehr Befugnisse für die Lebensmittelkontrolle.

Wie dramatisch die Folgen verunreinigter Lebensmittel sein können, zeigt der EHEC-Ausbruch 2011 in Norddeutschland. Damals starben mehr als 50 Menschen an der Infektion. Auslöser für die Ansteckung sollen mit hoher Wahrscheinlichkeit ägyptische Sprossen gewesen sein.

Frontal 21
Dienstag, 30. Januar 2018, 21.00 Uhr im ZDF

„Frontal 21“ hat ein Opfer des EHEC-Erregers getroffen, der Teile des Gehirns der jungen Frau befallen hatte. Nach drei Wochen im Koma musste sie wieder sprechen lernen und kann sich bis heute nur mit Hilfe eines Rollstuhls fortbewegen.

Quelle: ZDF Presse und Information
Internet: https://www.zdf.de/politik/frontal-21




Achtung: Botulismus-Risiko durch gesalzene und getrocknete Plötzen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt Maßnahmen zum Schutz vor Botulismus durch gesalzene und getrocknete Plötzen

Die in Europa weit verbreitete und auch im Brackwasser der Ostsee lebende Plötze kann das Bakterium Clostridium (C.) botulinum und Botulinum-Neurotoxine enthalten, ohne dass der Fisch erkennbar verdorben ist. „Es besteht deshalb das Risiko, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die gesalzene und getrocknete Plötze ohne ausreichende Erhitzung verzehren, an Botulismus erkranken“, so BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

Das Risiko ist erhöht, wenn die Fische nicht sorgfältig ausgenommen wurden und Innereien der Plötze mitverzehrt werden. Deshalb rät das BfR, Plötzen zeitnah nach dem Fang sorgfältig und vollständig auszunehmen und danach innen und außen gründlich zu waschen. Außerdem sollten Plötzen bis zur Salzung bei maximal 3 °C gelagert, während einer mehrtägigen Salzung zusätzlich gekühlt und vor einer Trocknung oberhalb von 8 °C ausreichend gesalzen werden. Verbraucherinnen und Verbrauchern rät das BfR, gesalzene und getrocknete Plötzen nur zu verzehren, wenn diese vorher für mindestens zehn Minuten bei einer Kerntemperatur von 85 °C oder darüber ausreichend erhitzt wurden.

Botulismus-Risiko durch gesalzene und getrocknete Plötzen
Stellungnahme Nr. 026/2017 des BfR vom 11. September 2017

PDF -Stellungnahme des BfR >

Botulismus ist eine schwere Erkrankung, welche durch Botulinum-Neurotoxine verursacht wird. Die Neurotoxine werden vor allem von Bakterien der Spezies C. botulinum gebildet, welche sich nur bei Abwesenheit von Sauerstoff vermehren können. Diese Bakterien sind in der Lage, hitzebeständige Sporen zu bilden, die äußerst widerstandsfähig sind und auch ungünstige Umwelteinflüsse überleben. Der Keim kommt weltweit im Erdboden und in küstennahen Gewässern vor, wodurch er auch von Plötzen aufgenommen werden kann. Durch das richtige Salzen und Trocknen der Fische und dem damit verbundenen deutlich reduziertem Wassergehalt kann die Vermehrung der Bakterien und die Neurotoxinbildung gestoppt werden. Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Magen-Darmstörungen, führt aber in der Regel zu spezifischen neurologischen Störungen, z. B. Sehstörungen, Mundtrockenheit, Sprech- und Schluckstörungen, und kann in schweren Fällen tödlich verlaufen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.

In Deutschland und Spanien wurden Ende 2016 mehrere humane Botulismus-Fälle gemeldet, die auf den Verzehr von gesalzenen und getrockneten Plötzen zurückzuführen waren. Nach Bekanntwerden der Botulismus-Fälle wurde die verdächtige Ware aus den belieferten Unternehmen zurückgerufen, und in den betroffenen Staaten wurde öffentlich vor dem Verzehr gewarnt.

Dem BfR liegen weder Informationen zur Herstellung und Behandlung der zurückgerufenen Chargen noch Daten zur Häufigkeit des Verzehrs dieser Fischerzeugnisse vor. Darüber hinaus zeigen die in das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) eingestellten Informationen über die zurückgerufenen Chargen, dass die Herkünfte, Herstellungs- und Verpackungsarten sowie die Haltbarkeitsfristen und notwendigen Lagertemperaturen von gesalzenen und getrockneten Plötzen unterschiedlich sind. Um dennoch das Vorkommen und Verhalten von C. botulinum in gesalzenen und getrockneten Plötzen abschätzen zu können, hat das BfR Literaturstudien durchgeführt und Abschätzungen auf Basis bestehender mathematischer Modelle vorgenommen.

Verbraucherinnen und Verbrauchern rät das BfR, gesalzene und getrocknete Plötzen nur zu verzehren, wenn diese vorher für mindestens zehn Minuten einer Kerntemperatur von 85 °C oder darüber ausgesetzt waren. Zudem sollten keine Innereien von nicht ausreichend erhitzen Plötzen gegessen werden.

 

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Internet: http://www.bfr.bund.de

 


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foodwatch-Report: Rückrufe von gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln kommen oft zu spät

foodwatch-Report: Rückrufe von gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln kommen oft zu spät oder gar nicht – foodwatch kritisiert mangelhaftes Warnsystem

Wichtige Lebensmittelwarnungen kommen bei den Verbrauchern oft nicht an. In etlichen Fällen entscheiden sich Unternehmen und Behörden zu spät, manchmal auch gar nicht für eine erforderliche Rückrufaktion und die Information der Öffentlichkeit. Zudem werden dabei die gesundheitlichen Risiken der Lebensmittel, die zum Beispiel mit Bakterien belastet sind oder Fremdkörper enthalten, immer wieder verharmlost. Zu diesen Ergebnissen kommt der Report „Um Rückruf wird gebeten“, den foodwatch an diesem Donnerstag in Berlin vorstellte. Darin kritisiert die Verbraucherorganisation auch das staatliche Internetportal lebensmittelwarnung.de als gescheitert. Eine Auswertung von allen 92 Rückrufaktionen, die dort in zwei Testzeiträumen über insgesamt zwölf Monate hinweg veröffentlicht wurden, ergab: Die verantwortlichen Behörden stellen fast jede zweite Warnung (47 Prozent) verspätet auf die Seite. Die betroffenen Lebensmittelunternehmen nutzen praktisch nie alle verfügbaren Kommunikationskanäle, um vor unsicheren Produkten zu warnen.

„Hersteller rufen heute viel häufiger ihre Produkte zurück als noch vor ein paar Jahren – dennoch können die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht sicher sein, dass im Fall der Fälle wirklich ein Rückruf gestartet wird und vor allem, dass sie davon auch erfahren“, sagte foodwatch-Deutschland-Geschäftsführer Martin Rücker. „Der Handel spielt eine besonders wichtige Rolle bei der Information von Kundinnen und Kunden über unsichere Lebensmittel. Es wird höchste Zeit, dass Supermärkte an zentraler Stelle über alle Rückrufaktionen aus ihrem Sortiment informieren – dazu sind sie bisher nicht verpflichtet, und die wenigsten Handelsunternehmen leisten hier ihren Beitrag.“ Mit einer heute unter warn-mich.foodwatch.de gestarteten E-Mail-Aktion forderte foodwatch die großen Handelsketten auf, in Zukunft mit Aushängen in den Märkten, mit Newslettern und in Social-Media-Kanälen über Lebensmittelwarnungen zu informieren.

Lena Blanken, Expertin für Lebensmittelhandel bei foodwatch, erklärte: „An allen Ecken fehlt es an Klarheit: Das Lebensmittelrecht lässt zu viele Spielräume, wann ein Rückruf erforderlich ist. Den Behörden sind oftmals die Hände gebunden, weil sowohl die Risikoeinschätzung als auch die öffentliche Warnung in erster Linie Aufgabe der Unternehmen ist, die hier einen unauflösbaren Interessenkonflikt haben. Nicht zuletzt geht fast jede Behörde gegenüber den Unternehmen anders vor, weil es an Standards fehlt.“ So gebe es keinen Katalog, auf welchem Weg eine Warnung verbreitet werden muss – die Behörden verlangten oft nur den Versand einer Pressemitteilung an eine Nachrichtenagentur. Newsletter, Facebook-Seiten oder zentrale Aushangflächen im Einzelhandel blieben vielfach ungenutzt.

Ganz so neu ist diese Erkenntnis jedoch nicht. Schon zum Start des Portals im Jahr 2011 hatte die Linken-Abgeordnete Karin Binder den Mehrwert der Internetseite bei „nahe Null“ gesehen und zweifelte schon damals daran, dass Lebensmittelwarnungen tatsächlich beim Endverbraucher ankommen.

Auch wir hatten 2016 genau diese Thematik aufgegriffen und sind zum Schluß gekommen, Lebensmittelwarnungen – Behörden warnen unzuverlässig und unzulänglich

2011 hatten Bund und Länder die Internetseite lebensmittelwarnung.de als zentrale Informationsplattform gestartet – ein Anspruch, den das Portal nach Auffassung von foodwatch nicht erfüllt. So investierten die Betreiber kaum in die Steigerung der Bekanntheit der Seite. Bereits zum Auftakt vor sechs Jahren verabredeten sie in einer foodwatch vorliegenden Bund-Länder-Vereinbarung die Einrichtung eines E-Mail-Newsletters zur Information der Bürgerinnen und Bürger. Dieser ist bis heute nicht umgesetzt. Hinzu komme die oftmals unnötig späte Einstellung von Rückrufaktionen auf die Seite. Das habe auch jüngst die mangelnde Informationspraxis der Behörden beim Skandal um Fipronil-belastete Eier gezeigt. Beispiele aus der Auswertung von foodwatch:

– Eine Warnung vor potenziell listerienbelasteten Pilzen erschien erst drei Tage nach der Herstellerwarnung auf der staatlichen Internetseite – weil dazwischen Silvester und der Neujahrstag lagen und die zuständige Behörden an Feiertagen wie an Wochenenden grundsätzlich keine Informationen auf lebensmittelwarnung.de einstellt.

– Erst vier Tage nach dem Rückruf eines Bio-Säuglingstees durch den Hersteller erfuhren davon die Leser von lebensmittelwarnung.de – weil die örtlich für diese Firma zuständige Überwachungsbehörde zwei Tage benötigte, um die Information an ihre obere Landesbehörde weiterzureichen, die wiederum als einzige für die Einstellung von Meldungen aus ihrem Bundesland in das Portal zuständig ist. Dafür benötigte sie aufgrund von weiteren „Ermittlungen“ abermals zwei Tage.

– Bei einem Nahrungsergänzungsmittel, das nicht zugelassene pharmakologische Substanzen enthielt und dessen Konsum in selten Fällen zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen konnte, vergingen sogar 20 Tage, bis die zuständige Behörde warnte. Sie begründete den Verzug mit der Notwendigkeit, den niederländischen Hersteller zunächst anzuhören. Dieser war jedoch nicht erreichbar.

Zudem stehen mangelhafte Regelungen im deutschen und europäischen Lebensmittelrecht dem Verbraucherschutz im Wege – schon bei der Frage, ob es überhaupt zu einem Rückruf kommt. Selbst eine bekannte Grenzwertüberschreitung löst demnach nicht zwingend eine Rückrufaktion aus.

Bei der öffentlichen Information kommt es den foodwatch-Recherchen zufolge immer wieder zum Rechtsbruch, teilweise mit Wissen der Behörden: Sobald ein unsicheres Lebensmittel die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits erreicht haben könnte, darf der Hersteller nach dem Lebensmittelrecht das Produkt nicht nur „still“ zurückrufen, also aus den Lagern räumen – er muss öffentlich über die Rücknahme informieren. Mehrere Gesprächspartner aus Behörden und Industriekreisen bestätigten foodwatch, dass diese öffentliche Information nicht immer erfolge.

In ihrem Report berichtet die Verbraucherorganisation auch von vorbildlichen Rückrufaktionen, bei denen Hersteller alles unternahmen, um die Öffentlichkeit über alle verfügbaren Kanäle zu warnen. Eine solch offensive Informationspolitik sei jedoch die Ausnahme. Da das Lebensmittelrecht zahlreiche Interpretations- und Ermessensspielräume sowie undefinierte Rechtsbegriffe enthalte, seien Verbraucherinnen und Verbraucher vom guten Willen und der Sachkompetenz der Unternehmen und Behörden abhängig. Die Unternehmen haben nach dem Willen des Lebensmittelrechts die prioritäre Verantwortung für die Risikoeinschätzung und Warnung der Öffentlichkeit und müssen daher einen kaum aufzulösenden Interessenkonflikt austragen. Sie müssen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Reputation auf der einen und einer offensiven Informationspolitik auf der anderen Seite abwägen.

Link:
E-Mail-Aktion an Handelsunternehmen: warn-mich.foodwatch.de

Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de