Wilke Rückrufe – wichtige Verbraucherinformation fehlt weiterhin

Die vergangenen 8 Tage standen ganz im Zeichen der Berichterstattung zur Warnung und dem Rückruf von Produkten der Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH. Es dürfte einer der umfangreichsten und weitreichensten Rückrufe von Lebensmittel sein, der je in Deutschland durchgeführt wurde. Trotz der ganzen Lebensmittelskandale der letzten Jahre hat sich aber an der Informationspolitik der Behörden nichts verbessert.

In der aktuellen Berichterstattung werden aber immer nur Produkte aus der Wilke Produktion genannt. Warum eigentlich?

Fakt ist, ein großer Teil der betroffenen Waren wurde über Caterer, Gastronomie, Wursttheken und Metzgereien verarbeitet und verkauft. Diese Wilke-Ware lag aller Wahrscheinlichkeit nach gemeinsam mit Wurstprodukten und Lebensmitteln anderer Herstellung in den Küchen, Auslagen, Kühlräumen und Lagerräumen.

Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, das die „Wilke Listerien“ auf andere Produkte übertragen wurden. Es reicht völlig, wenn etwa mit einer Schneidemaschine betroffene und mit Listerien belastete Wurst geschnitten wurde und diese nicht umgehend intensivst gereinigt wurde. Das gilt natürlich auch nach dem Kauf belasteter Ware für die Küche zuhause.

Zwar werden in einem solchen Fall meist nur sehr geringe Keimmengen übertragen, allerdings vermehren sich Listerien bereits bei Temperaturen zwischen -0,4 und 45°C. Das bedeutet, dass eine Vermehrung auch im Kühlschrank stattfindet. Für den Menschen wird es ab einer Keimanzahl von über 100 KBE/g gefährlich. Listerien vermehren sich auch unter unwirtlichen Bedingungen wie etwa in vakuumverpackten Lebensmitteln.

Aus diesem Grund wäre es wichtig, Risikolebensmittel wie Rohmilchprodukte, Räucherlachs, Rohwürste oder aufgeschnittene Brühwürste vor dem Verzehr ausreichend zu erhitzen (70°C für mindestens 2 Minuten) was zum Großteil gerade bei diesen Produkten nicht möglich ist. 

Insbesondere für Schwangere ist diese Information sehr wichtig!

Der Ausbruch der Erkrankung kann in einem Zeitraum von 1 Woche bis zu 70 Tagen erfolgen. Neben Magen- und Darmbeschwerden (gastrointestinaler Symptomatik) können Listerien Sepsen (Blutvergiftungen) oder Meningitiden (Hirnhautentzündungen) verursachen, die mit Antibiotika behandelt werden können. In Einzelfällen, insbesondere bei besonders empfindlichen Personengruppen, kann eine geringere Infektionsdosis nach Angaben der Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit (CVUA) in Baden-Württemberg nicht auszuschließen.

Die minimale Infektionsdosis, d. h. die Zahl der Keime, die zur Erkrankung führen können, ist unbekannt** und scheint vom Bakterienstamm und der Empfindlichkeit der erkrankten Person abzuhängen.


Die schnelle Information, über welche Verkaufsstellen offene Wilke Produkte angeboten wurden ist für Endverbraucher sehr wichtig! Die zuständigen Behörden lassen Verbraucherinnen und Verbraucher ohne diese wichtige Information derzeit völlig im Regen stehen.


Insbesondere Schwangere, Senioren und Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem können auch schwerere Krankheitsverläufe mit Blutvergiftung und Hirnhautentzündung entwickeln. Bei Schwangeren kann, sogar ohne Symptome, das ungeborene Kind geschädigt werden.Schwangere, die betroffene Produkte verzehrt haben, sollten sich auch ohne Symptome in ärztliche Behandlung begeben und sich beraten lassen.

Listerien sind sogenannte ubiquitäre Keime, also Bakterien die sich fast überall nachweisen lassen. Derzeit lassen sich Infektionen mit Antibiotika behandeln, eine Studie aus Österreich zeigt aber auch hier bereits antibiotikaresistente Listerien*.

VerbraucherInnen und weiterverarbeitende Betriebe, die nachweislich betroffene Produkte im Haushalt oder Betrieb hatten, sollten umfangreiche Hygienemaßnahmen in der Küche vornehmen.

Aufforderung an alle betroffenen Betriebe

Wir fordern alle Unternehmen – die Produkte der Firma Wilke direkt an Endverbraucher abgegeben haben – auf, unverzüglich öffentliche Rückrufe zu veranlassen! Kommen sie ihrer Verantwortung nach und informieren sie Endkunden!

 

Aktuelle Information des Robert Koch-Institut

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind seit 2017 bislang vierzehn Sigma1-Listeriose-Patienten als verstorben übermittelt bzw. wurden bei ihnen Informationen zum Tod übermittelt

Nordrhein-Westfalen: 4 (2017: 2, 2018: 2)
Baden-Württemberg: 3 (2018)
Niedersachsen: 2 (2018 und 2019)
Sachsen-Anhalt: 2 (2018)
Brandenburg: 1 (2018)
Bayern: 1 (2017)
Sachsen: 1 (2019)

Davon sind 3 Patienten (in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt) als direkt oder indirekt an der Listeriose verstorben übermittelt.

Zehn Listeriose-Meldefälle sind als nicht an den direkten oder indirekten Folgen der Listeriose verstorben übermittelt. Bei einem Patienten war die Todesursache nicht ermittelbar.

RKI Epidemiologisches Bulletin Nr. 41 >

 

Petition – jetzt unterzeichnen!

Wieder einmal ein Lebensmittelskandal, wieder einmal können viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht feststellen, ob ihr Produkt betroffen ist. Das muss sich ändern! Ich habe gerade die Petition „Forderung nach eindeutiger Identifizierbarkeit von offen verkauften Lebensmitteln“ eingerichtet und bitte alle Leserinnen und Leser diese Petition zu unterzeichnen und zu teilen, vielen Dank! 

Zur Petition auf Change.org >

*Public and Environmental Health Microbiology of Listeria Species in Three Environmental Ecosystems https://aem.asm.org/content/80/18/5583
**https://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittelsicherheit/hygiene/listerien.htm
*** http://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=2&ID=2302

Bild: Listeria  Centers for Disease Control and Prevention’s Public Health Image Library (PHIL)

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